Gewöhnlich geht man davon aus, dass ein angemessenes Anwendungsverhalten des Patienten unerlässlich für den Erfolg der ärztlich veranlassten Therapie ist, wobei stillschweigend vorausgesetzt wird, dass der Arzt für den konkreten Patienten die beste und vor allem zielführende Therapie ausgewählt hat. Da man eine solch eindeutige Situation in der Praxis selten vorfindet, wird das Thema Compliance bzw. Adhärenz nach wie vor kontrovers diskutiert und auch in seiner Bedeutung differenziert bewertet. Im englischen Sprachraum gilt der Begriff Compliance inzwischen als überholt, weil er für ein paternalistisches Verhältnis von übermächtigem Arzt und unmündigem Patient steht, während dem Begriff der Adhärenz ein gleichberechtigtes Verhältnis von beiden Partnern zugeschrieben wird.

Dass eine hundertprozentige Adhärenz kaum zu erreichen ist, wird auch durch die Definition der WHO indirekt akzeptiert, indem sie das Ausmaß zu Grunde legt, mit der eine Person die gemeinsam getroffenen Absprache mit seinem Behandler hinsichtlich Medikation, Diät und/oder Lebensstilveränderungen befolgt (Adherence to Long-Term Therapie – Evidenz for Action, WHO 2003).

Üblicherweise wird im Rahmen wissenschaftlicher Studien eine 80%ige Adhärenz als ausreichend für die Erreichung des angestrebten Therapieziels angesehen. (Für die Auslösung einer an die Adhärenz der Versicherte gebundenen Zahlung an die Krankenkasse aus dem Gesundheitsfonds des Bundesversicherungsamtes wird sogar nur 50%ige Adhärenz zugrunde gelegt.)